SO FEIERN DIE ANDEREN ... MÜNCHEN KOTZT

Text und Fotos: Thomas Glatz

 

 

Spanien


Während in München die fünfte Jahreszeit, die Zeit der Hirschlederhosen, der Dirndl, der Plastikeinweglederhosen und der tausend biergeröteten Gesichter im Herbst gefeiert wird, finden in Andalusien die großen Volksfeste im Mai statt. Die Feria in Jerez de la Frontera ist eine Veranstaltung mit langer Tradition. Schon im Jahr 1284 wurde sie zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Aus dem einstigen Pferdemarkt ist ein Großevent mit Fahrgeschäften und Buden geworden.
In über 300 Casetas, die der dörflichen andalusischen Architektur, Dorfkirchen und Bauernhäusern nachempfunden sind, feiern Vereine, Firmen und Gewerkschaften.
Dort verzehren die Besucher Serrano-Schinken, Tapas und Paellas. Eine Kapelle spielt die ganze Nacht durch Sevillanas oder Flamenco, begeleitet von rhythmischem Mitklatschen und Olé-Geschrei der Gäste. Zwischen den Casetas stehen Sherryfässer des Sponsors, groß wie Regentonnen. Der Sherry stammt nämlich aus Jerez. Trotz Krise und Regierungssparkurs sind die Festbesucher ganz wild darauf, als Sherry-Barone oder andalusische Landadelige verkleidet, einmal um den Platz gefahren zu werden. Eine Fahrt mit der Kutsche kostet um die 50 Euro. Die schönsten Pferde und Kutschen werden von einer Pferdekennerjury prämiert.
Was der Oktoberfestbesucherin ihr Dirndl ist der Feriabesucherin ihr Flamencokleid.
Die bayerische Tracht, die gamslederne schwarze Kniehose
war ein von König Max dem II. zur Hebung des Nationalgefühls empfohlenes Nationalkostüm, das sich Bayerntouristen bereits vor Anreise in Berlin im Kaufhaus Wertheim zulegen konnte. Viele der als traditionell geltenden bayrischen Bräuche wurden zwischen 1840 und 1914 neu erfunden und sofort für den Fremdenverkehr vereinnahmt. Heute macht selbst die australische Touristin im feschen Dirndl von Realsale auf der Wiesn Staat. Ein ähnliches Phänomen ist auch in Andalusien zu beobachten. Auch dort ist Tracht allgegenwärtig. Jede Feriabesucherin trägt stolz ihr Flamencokleid. Die Männer sind allerdings leger gekleidet. Nur manchmal sieht man einen kleinen Buben, der als andalusischer Landadeliger zurechtkostümiert wurde. Nachts wird als besondere Attraktion die elektrische Leuchtdekoration angezündet und mehrere Millionen Glühbirnen erhellen den Himmel. Bieslnde, Raufende und Leute, die den Heiligen Ullrich anrufen (sich erbrechen) habe ich auf den Ferias von Jerez de la Frontera und Puerto Santa Maria allerdings keine gesehen.