So feiern die anderen ...

münchen kotzt ...

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bitola


Bitola in Mazedonien
Von Thomas Glatz

Bitola, eine 80 000- Einwohnerstadt am Dragorfluß, nahe der Grenze zu Griechenland gelegen, ist Mazedoniens patriotischste Stadt. Angeblich gibt es über 600 Lieder, die den Ort preisen. Im Autoradio im Taxi, das uns vom Busbahnhof ins Hotel Shanti bringen soll, läuft allerdings eine US-Schnulze. Ein paar Schulkinder an denen wir vorbeifahren, sind als Marienkäfer verkleidet. Ich frage den Taxifahrer, was es damit auf sich hat. Nun, am 1. April feiere man in Bitola, der drittgrößten Stadt Mazedoniens am Fuße des Berges Pelister den 1. April. So eine Art Halloween. Die Kinder würden sich verkleiden. Die Frage, ob der heutige Tag ein Feiertag sei verneint der Fahrer. In der ottomanischen Stadt der Konsuln, der heimlichen Hauptstadt Mazedoniens die früher von den Osmanen Monastir genannt wurde, dem Ort, in dem die Gebrüder Manaki als erste Filmemacher auf dem Balkan gewirkt haben, weist wirklich nichts auf einen Feiertag hin. Nur die Grundschulkinder sind kostümiert wie bei uns an Fasching. Sonst wirkt alles normal. Wir besichtigen den Uhrenturm Saat Kula aus dem 17. Jahrhundert. Atatürk erhielt seine Militärausbildung in der hiesigen Militärakademie. Ihm zu Ehren gibt es ein Museum, in dem wir die einzigen nichttürkischen Touristen sind. Im Stadtmuseum hängt ein Gemälde von maskierten Menschen an einem Cafétisch. Der Zoo beim Herakleaneum ist ziemlich trostlos. Abends beschließen wir noch auf ein Bier in die Innenstadt zu gehen. Wir trauen unseren Augen kaum. Auf der Hauptstraße, der Marshall Tito, die von den Einwohnern auch Sirak Sokak –weite Straße- genannt wird ist Party. Jetzt sind nicht nur die Kinder sondern alle Bitolaner verkleidet. Eine Szenekneipe, die sonst anders heißt, nennt sich heute „Kooperacija“. Sie ist mit Stroh ausgelegt und die Kellner sehen aus wie Mitarbeiter einer landwirtschaftlichen Kooperative. Ein zahnstocherkauender Herr in Gummistiefeln und Feinrippunterhemd, das Gesicht mit aufgemalten Bartstoppeln verschönt, bedient uns. Ganz Bitola scheint kostümiert an den Cafétischen vorbeizupromenieren. Wer einen bayerischen Fasching kennt, der stellt sich unter „Kostüm“ einen aufgeklebten Schnurrbart, ein Papphütchen, eine grüne Perücke vor. Die Bitolesen und Bitolesinnen haben sich aber größte Mühe mit ihren Kostümen gegeben. Die Flintstones sind die beliebteste Verkleidung. Roma sind selbstironisch als Gypsies verkleidet. Aromunen gehen als Colgate-Zahnpastatuben. Manche 1.Aprilaner performen im öffentlichen Raum. So kriechen beispielsweise als Schnecken verkleidete junge Männer in Fast-Schneckentempo an den Auslagen der Innenstadtgeschäfte vorbei. Ein Schneck versucht gar die Fassade hochzukriechen. Auch US-Touristen finden sich ein. Dreiste Bitolanesen haben sich Rucksäcke und Kameras umgehängt und Sofakissen unter T-Shirt und in die Jogginghosen gestopft. Vor dem klobigen Marmordenkmal zu Ehren Alexanders des Großen von 2010- seit der Unabhängigkeit Mazedoniens schießen solch klobige Alexander-der-Große-Denkmale im Land auf unzähligen öffentlichen Grünflächen wie Pilze aus dem Boden- steht ein Kreis Schaulustiger. In der Mitte machen die falschen übergewichtigen Yankees 50 Liegestützen. Ein regionales Fernsehteam kommt in die „Kooperacija“. Eine zur Geisha gestylte Reporterin wagt sich in die trinklustige Mange und interviewt ein Dalai-Lama-Double und einen falschen neuen Papst. Da kann man morgen im Fernsehen sehen, wie heute hier gefeiert wurde. Angeblich wird der 1.April nur in Bitola und nicht in anderen mazedonischen Städten gefeiert.

Kotzende, Bieselnde und Raufende habe ich keine gesehen. Die findet man eher auf dem Münchner Oktoberfest.

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